Wer bin ich und wer möchte ich sein?
Wertschätzung und Haltung in der pädagogischen Arbeit. Ein Gespräch mit Philipp Grebe, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut im Verbund
Es ist Montagmorgen und ich bin mit Philipp Grebe, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut im Verbund zum Telefonieren verabredet. Während ich gerade meinen zweiten Kaffee trinke, um meine Gehirnzellen auf Trab zu bringen, versprüht Philipp am anderen Ende der Leitung eine Energie als würde gerade seine Lieblingsmannschaft anfeuern. Ich merke das Thema ist ihm wichtig.
Anfang März hat Philipp gemeinsam mit Beate Marx eine Fortbildung zum Thema Wertschätzung und Haltung in der Sozialen Arbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verbund gegeben. Es ist der Auftakt einer neuen Fortbildungsreihe, die vierteljährliche stattfinden wird und an jede*r Mitarbeitende einmal teilgenommen haben soll. Unabhängig davon, wie lange die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter schon im Verbund tätig sind. Die Fortbildungsreihe ist Teil des neuen umfangreichen Schutzkonzeptes, welches über die letzten Monate von allen Einrichtungen im Verbund erarbeitet wurde.
„Welche Rolle habe ich bei meinen Klient*innen und wie gehe ich damit um?“ ist eine der Kernfragen, erklärt mir Philipp, die während der Fortbildung bearbeitet wurden. „Wir suchen uns diese Rollen nicht aus, wir bekommen diese Rollen zugeschrieben, das kann beispielsweise die Rolle des großen Bruders sein, des Kumpels, der Mutter aber zum Beispiel auch eine negative Rolle eines Peinigers. Dann reicht es schon, wenn ich das gleiche Parfüm trage, um für den/die Klient*in in diese Rolle gesteckt zu werden.“ Umso wichtiger sei es, sich dieser Rollen sehr bewusst zu sein, sie zu reflektieren und eine Haltung zu entwickeln. Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Wie gehe ich mit meiner Rolle und meiner Verantwortung um? Philipp beschreibt den Prozess als Selbsterfahrung in der man sich die Frage stellt: Wie entwickele ich mein Arbeitsplatz-Selbst? Obwohl dies ein sehr individueller Prozess ist, war es während der Fortbildung hilfreich, in den Austausch zu gehen und auch innerhalb der Teams der pädagogischen Arbeit eine gemeinsame Haltung zugrunde zu legen. Die Selbsterfahrung diene aber auch einem weiteren Aspekt, „es geht auch darum, die Belastung der Mitarbeitenden zu senken und sich selbst in herausfordernden Situationen zu schützen, in dem ich mir in einem schwierigen Moment meiner Haltung und Rolle bewusst bin und Situationen besser antizipiere.“ Gleichzeitig sei es auch für die jungen Menschen entlastend zu spüren, mir droht im Ausnahmezustand nicht ein direkter Abbruch meiner Hilfe, denn jeder Hilfeabbruch sei ein Sargnagel in die Beziehungsfähigkeit der Klient*innen betont Philipp, „es geht daher um die Frage: Wie entwickele ich eine positive und wertschätzende Haltung Klient*innen gegenüber, auch wenn diese mir mal tierisch auf die Nerven gehen.“
Die 25 Teilnehmenden kamen aus allen vier Verbund-Regionen (Bremen, Fulda, Gudensberg und Kassel) und aus allen Altersgruppen zusammen, diese Mischung sei extrem wirkungsvoll, erzählt Philipp. Stichwort: Schwarmwissen. Während die „alten Hasen“ aus langjähriger Erfahrungen sprechen, brachten die jüngeren Kolleg*innen neue Perspektiven und „frischen Wind“ rein. Unabhängig von der Berufserfahrung sei es im Sinne der pädagogischen Arbeit sowieso enorm wichtig, sich immer wieder zu reflektieren.
Fazit der Fortbildung, „durchweg positiv“, der ein oder andere hätte sich lediglich „ein bisschen mehr Struktur, also zum Beispiel feste Pausenzeiten gewünscht“ - das konnte eine Streicheleinheit bei Philipps Therapiehündin Taya aber auch wieder wettmachen.
Verfasst von: Sophie Apelt (Verbund Region Kassel)